Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta, Pinselätzung, Schmirgel und etwas Roulette, Kn 46 VI d
Diese Radierung ist die erste künstlerische Auseinandersetzung von Käthe Kollwitz mit dem Bauernkriegsthema, der großen sozialen Erhebung in der deutschen Geschichte des 16. Jahrhunderts. Zunächst auch mit »Bauernkrieg« betitelt, geht dieses Einzelblatt dem 1902–1908 entstandenen gleichnamigen Graphikzyklus voraus und wird erst später in »Aufruhr« umbenannt.
Über den aufständischen Bauern schwebt eine weibliche Gestalt, deren allegorische Bedeutung durch ihr Attribut, die brennende Fackel gekennzeichnet ist. Sie steht in der Bildtradition mythologischer Rachegöttinnen und ist gleichsam die Verkörperung der Revolte. Die Burg im Hintergrund, das Symbol des feudalen Herrschaftssystems, hat sie bereits in Brand gesteckt. Aus der undefinierten Menge der Bauernschar stechen einzelne Gesichter hervor, deren finstere Mienen von Wut und Verzweiflung gezeichnet sind. Mit ausgreifenden Gebärden und mit zu Waffen umfunktioniertem Arbeitsgerät schließen sie aus zwei Richtungen kommend in V-Formation kampfbereit zusammen – entschlossen, ihr Leben für die erhoffte Freiheit zu riskieren.
Wie die sozialistischen Theoretiker August Bebel oder Friedrich Engels dem frühneuzeitlichen Ereignis fortdauernde Aktualität zuschreiben, so inszeniert auch Käthe Kollwitz ihren Bauernkrieg als Analogie, um das Aufbegehren der zeitgenössischen Arbeiterbewegung dramatisch ins Bild zu setzen.