Not, Blatt 1 aus dem Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897
Kreide- und Federlithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 33 A III a
Das erste Blatt führt dem Betrachter die stumme Verzweiflung einer Mutter vor Augen, die sich über ihr krankes, bereits vom Tode gezeichnetes Kind beugt. Es liegt im einzigen Bett der Weberfamilie in einem Raum, der sowohl als Arbeits-, Wohn- und Schlafraum dienen muss. Der Kopf des Kindes ähnelt durch die wächserne Blässe, die eingefallenen Augen und das vorstehende Kinn bereits einem Totenschädel. Eine weitere Frau im Hintergrund hält ihr kleines Kind auf dem Arm, das sich vor Hunger seine Finger in den Mund steckt. Seine Geste macht deutlich, dass die Weber große Not leiden.
Das Sujet des todkranken oder sterbenden Kindes findet in der Malerei des 19. Jahrhunderts weite Verbreitung. So dürfte Max Klingers »Elend« und »Frau an der leeren Wiege« Kollwitz als Anregung gedient haben.
Käthe Kollwitz, Sitzende Frau mit klagend erhobenen Armen, Detailstudie zur ersten Fassung der Lithographie »Not«, 1895, Feder und Tusche, NT 116
Käthe Kollwitz, Vorstudie zu »Not«, 1893, schwarze Feder, laviert, schwarze und braune Kreide, weiß gehöht, NT (116a)