Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893–1897

Im Februar 1893 erlebt Käthe Kollwitz die Uraufführung des umstrittenen Dramas »Die Weber« von Gerhart Hauptmann in einer privaten Inszenierung für die Mitglieder des Theatervereins ›Freie Bühne‹ im Neuen Theater Berlin (dem heutigen Theater am Schiffbauerdamm). Der Erfolg ist sensationell, die Ergriffenheit der Besucher beispiellos. Das Verhalten der Zensurbehörden - das Drama wird von staatlicher Seite als Aufruf zum Klassenhass empfunden - sowie diverse Prozesse um die Aufführungserlaubnis machen das Stück schnell zu einem der bekanntesten und meistdiskutierten naturalistischen Werke Deutschlands.

Noch im selben Jahr beginnt Käthe Kollwitz mit der Arbeit an ihrem Zyklus »Ein Weberaufstand« und bricht dafür ihre begonnene Folge zu Émile Zolas Roman »Germinal« ab. Allerdings handelt es sich bei Kollwitz' Zyklus keineswegs um Illustrationen des Dramas, noch schildert sie die historische Weberrevolte von 1844, die dem Stück zugrunde liegt: sie zeigt einen fiktiven Weberaufstand der Gegenwart. Indem die Künstlerin auf jegliche historische Stilisierung verzichtet und die Weber nicht in der Biedermeiertracht der 1840er Jahre, sondern in der Arbeiterkleidung wiedergibt, die in Preußen erst im Zuge der Industrialisierung nach 1850 größere Verbreitung gefunden hat, wird deutlich, dass es ihr um aktuelle Probleme geht.

Eine Hungersnot unter den schlesischen Webern 1891/92 hatte zu einer gewaltigen Pressekampagne im ganzen Kaiserreich geführt und die Thematik Anfang der 1890er Jahre aktuell gemacht. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum Käthe Kollwitz' Weber-Zyklus für die Obrigkeit als genauso subversiv gilt wie Hauptmanns Drama und weshalb ihr Kaiser Wilhelm II. 1898 für diesen Zyklus auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine Medaille verweigert. Den künstlerischen Durchbruch, der Käthe Kollwitz mit dem Zyklus auf Anhieb gelingt, kann er aber nicht verhindern.

Ursprünglich hatte Käthe Kollwitz die ganze Folge als Radierungen geplant. Aufgrund technischer Unsicherheiten lithographiert sie schließlich die ersten drei Blätter und führt nur die letzten drei als Radierungen aus. Die beiden einleitenden Blätter schildern die Ursachen des Aufstandes, das dritte hat die Planung der Revolte zum Inhalt und die anschließenden thematisieren Ausbruch, Höhepunkt und Zusammenbruch des Aufstandes.

Nach einer Selbsteinschätzung der Künstlerin von 1941 ist der Weber-Zyklus zeitlebens ihr bekanntestes Werk.

Werke

Käthe Kollwitz, Not, Blatt 1 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Kreide- und Federlithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 33 A III a

Käthe Kollwitz, Not, Bl. 1 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Kreide- und Federlithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 33 A III a

Käthe Kollwitz, Tod, Blatt 2 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Kreide- und Federlithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 34 A b

Käthe Kollwitz, Tod, Bl. 2 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Kreide-, Feder- und Pinsellithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 34 A b

Käthe Kollwitz, Beratung, Blatt 3 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Kreidelithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 35 A II a

Käthe Kollwitz, Beratung, Bl. 3 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Kreidelithographie, Schabeisen und Schabnadel, Kn 35 A II a

Käthe Kollwitz, Weberzug, Blatt 4 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Strichätzung und Schmirgel, Kn 36 II a

Käthe Kollwitz, Weberzug, Bl. 4 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Strichätzung und Schmirgel, Kn 36 II a

Käthe Kollwitz, Sturm, Blatt 5 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Strichätzung und Schmirgel, Kn 37 II a

Käthe Kollwitz, Sturm, Bl. 5 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Strichätzung und Schmirgel, Kn 37 II a

Käthe Kollwitz, Ende, Blatt 6 aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand”, 1893-97, Strichätzung, Aquatinta, Schmirgel und Polierstahl, Kn 38 II a

Käthe Kollwitz, Ende, Bl. 6 Zyklus »Ein Weberaufstand«, 1893-1897, Strichätzung, Aquatinta, Schmirgel und Polierstahl, Kn 38 II a

Werke im Kontext

Käthe Kollwitz, »Aus vielen Wunden blutest du, o Volk«, als Schlussblatt des Zyklus »Ein Weberaufstand« vorgesehen, nicht in den Zyklus aufgenommen, 1893-1897, Nadelätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 32 II

Käthe Kollwitz, »Aus vielen Wunden blutest du, o Volk«, als Schlussblatt des Zyklus »Ein Weberaufstand« vorgesehen, nicht in den Zyklus aufgenommen, 1893-1897, Nadelätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 32 II

Käthe Kollwitz, Zertretene 1901, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 49

Käthe Kollwitz, Zertretene 1901, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 49

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Neumarkt 18-24 / Neumarkt Passage

50667 Köln

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