Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 49
Käthe Kollwitz verarbeitet hier noch einmal das Motiv der als Abschlussblatt des Weberzyklus geplanten Radierung »›Aus vielen Wunden blutest Du, oh Volk‹«. Mit dieser ist in der dreiteiligen Komposition »Zertretene« die mittlere Szene identisch. Doch anstelle der gefesselten Frauen links und rechts des Abschlussblattes sind in dieser Komposition nun zwei Szenen eingefügt, die die katastrophale Lage des Proletariats thematisieren.
Die Platte wurde von der Künstlerin geteilt. Von dem Motiv »Arme Familie« – dem linken Teil der Platte - wurden mehrere Auflagen gedruckt. Die sitzende Mutter hält den Kopf des leblosen Kindes in ihrem Schoß, der Mann reicht ihr - sich gleichzeitig abwendend - den Strick als Symbol für den einzigen Ausweg aus ihrer Notlage, den Weg in den Tod.
Die rechte Szene thematisiert die zumindest für viele Frauen des Proletariats einzige Alternative zum Freitod - die Prostitution. Kollwitz zeigt diese hier nicht als lasterhaftes oder unmoralisches Verhalten. Durch die verzweifelte und entblößt an den Pfahl gefesselte Frau wird deutlich, dass Not und Elend sie zu diesem Handeln zwingen.
Käthe Kollwitz, Zertretene – Arme Familie, linke Szene der ursprünglich dreiteiligen Komposition, 1901, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 49bis II A b
Käthe Kollwitz, Zertretene - Leichnam und Frauenakt am Pfahl, mittlere und rechte Szene der ursprünglich dreiteiligen Komposition, 1901, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta und Polierstahl, Kn 49ter a