Käthe Kollwitz ist »bezaubert« von der französischen Kunstmetropole, die sie 1901 und 1904 besucht. Hier liegt auch die Wiege ihrer experimentell geprägten und von Farbe dominierten druckgraphischen Werkphase.
In Paris bewegt sie sich in dem anregenden Bohèmekreis ihrer Studienfreundin Maria Slavona, zu dem berühmte Künstler wie Camille Pissarro oder Kunstkritiker und Schriftsteller wie Julius Meier-Graefe gehören. Auf ihren Streifzügen durch Privatgalerien erwirbt Käthe Kollwitz ein frühes Pastell von Pablo Picasso, und auf den großen Künstlerausstellungen sieht sie Werke der Neoimpressionisten und Nabis.
Zweimal sucht sie Auguste Rodin auf, den sie bewundert. Hugo von Tschudi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, hat Rodin persönlich in einem Empfehlungsschreiben gebeten, die junge Künstlerin aus Deutschland zu empfangen. Er preist darin ihr Talent und betont, dass man sie zu den besten Künstlern zählen könne.
Während ihres zweimonatigen Aufenthalts 1904 arbeitet Käthe Kollwitz tagsüber in der Klasse für Plastik an der Académie Julian. Abends besucht sie wie viele Künstler die Vergnügungsstätten und die verruchten Lokale unter den Pariser Markthallen. Die Zeichnungen aus den Caveaux des Innocents gehören zu ihren eindrucksvollsten Arbeiten dieser Zeit.
Käthe Kollwitz, Frau mit Orange, 1901, Pinsellithographie mit orange eingefärbtem Tonstein und Radierung (Aquatinta, Reservage und Kaltnadel) mit Kohle etwas überarbeitet, auf cremefarbenem Papier, aufgelegt auf graues, löschblattartiges Papier, Kn 56 II 2
Käthe Kollwitz, Arbeiterfrau im Profil nach links, 1903, Kreide- und Pinsellithographie sowie Schabeisen in Braun auf grauem Japan, Kn 74 II a
Käthe Kollwitz, Brustbild einer Arbeiterfrau mit blauem Tuch, 1903, Kreide- und Pinsellithographie in zwei Farben mit Schabeisen im blau druckenden Zeichenstein, Kn 75 A I 1
Käthe Kollwitz, Pariser Kellerlokal, 1904, Farbige Kreiden auf ockerfarbenem Canson-Zeichenkarton, NT (277a)
Käthe Kollwitz, Caveau des Innocents, 1904, Farbige Kreiden auf bräunlichem Karton, NT 275
Käthe Kollwitz, Zwei Männer und ein Liebespaar auf einer Bank, 1904, Graphit und Tusche, weiß gehöht auf cremefarbenem Papier, NT (287a)