Berliner Realismus - Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix
Verlängert bis 26. Januar 2020

BERLINER REALISMUS

Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix

Rau, ruppig und politisch unbequem: Die Berliner Kunst zur Kaiserzeit besitzt Sprengkraft! Von Wilhelm II. mit dem Verdikt der ›Rinnsteinkunst‹ belegt, widmen sich Künstler der Berliner Secession um 1900 erstmals dezidiert sozialen Themen. Sie begründen eine spezifisch berlinische Tradition des sozialkritischen Realismus, die in der Kunst der Weimarer Republik ihre konsequente Fortsetzung findet.

Die Ausstellung BERLINER REALISMUS – VON KÄTHE KOLLWITZ BIS OTTO DIX präsentiert mehr als 120 Werke – von Ölmalerei, Zeichnung und Druckgraphik über Plakatkunst und Photographie bis hin zum Film – und spannt gleichzeitig einen Bogen von den 1890er bis in die 1930er Jahre.

Wie ein roter Faden zieht sich die Auseinandersetzung mit den sozialen Missständen in Deutschland durch die Berliner Kunst. Unabhängig von den zahlreichen Stilrichtungen der Moderne sind Krieg, Revolution, Kapitalismuskritik, soziale Ungleichheit und Prostitution immer wiederkehrende Motive.

Malerei und Graphik

Hans Baluschek, Heimkehr, 1899, Mischtechnik auf Karton © Bröhan-Museum, Berlin
Hans Baluschek, Heimkehr, 1899,
Mischtechnik auf Karton
© Bröhan-Museum, Berlin

Die prekären Lebens- und Wohnverhältnisse der mit der zunehmenden Industrialisierung stark angewachsenen Arbeiterschaft sind zentrale Themen bei Heinrich Zille, Käthe Kollwitz und Hans Baluschek. Ihre Werke veranschaulichen in der äußerlich glanzvollen Kaiserzeit die Armut, den Hunger und das soziale Elend im ›Milieu‹.

Der Erste Weltkrieg bedeutet eine drastische Zäsur. Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts stürzt junge Maler und Graphiker wie Willy Jaeckel, Otto Dix oder George Grosz in existenzielle Erfahrungen, die sie anschließend in ihren Werken künstlerisch verarbeiten. Diese ›zweite Generation‹ der Berliner Realisten – darunter auch Otto Nagel, Conrad Felixmüller und Werner Scholz – ergreift in der Weimarer Republik nicht mehr nur Partei für den ›kleinen Mann‹, sondern kritisiert mit zunehmend politischer Intention die gesellschaftlichen Zustände. Künstler wie John Heartfield veröffentlichen in neuen Medien wie der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung eindringliche Photomontagen und Collagen aus Text und Bild, um politische Entwicklungen zu kommentieren.

Film und Photographie

Die Ausstellung präsentiert auch photographische Positionen: Werke von August Sander und Friedrich Seidenstücker ebenso wie Aufnahmen, u.a. von Ernst Thormann, die zeigen, wie es der jungen Arbeiterphotographie gelingt, die Lebensumstände der unteren Gesellschaftsschichten aus einer selbst gewählten Perspektive zu dokumentieren.

Zwei Hauptwerke des proletarischen Films sind im Rahmenprogramm zu sehen: »Mutter Krausen´s Fahrt ins Glück«, ein Höhepunkt des Weimarer Kinos am Ende der Stummfilmzeit, für den Käthe Kollwitz ein Plakat in einem für ihr Werk außergewöhnlich großen Format geschaffen hat, sowie »Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?«, ein Musterbeispiel für Agitprop und ein Klassiker der modernen Filmkunst mit Texten von Bertolt Brecht und Musik von Hans Eisler.

Die Ausstellung entstand 2018 in Zusammenarbeit mit dem Bröhan-Museum, Berlin, und wird im Käthe Kollwitz Museum Köln mit neuen Schwerpunkten präsentiert.

Katalog zur Ausstellung

Katalog zur Ausstellung: Berliner Realimus. Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix

Berliner Realismus. Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix
Sozialkritik – Satire – Revolution
Hg. von Tobias Hoffmann für das Bröhan Museum, Berlin,
und das Käthe Kollwitz Museum Köln

Mit Beiträgen von Tobias Hoffmann und Hannelore Fischer, Margrit Bröhan, Anna Grosskopf, Simon Häuser, Fabian Reifferscheidt, Inga Remmers
200 Seiten, 118 farbige und 40 s/w Abbildungen,
27 x 22 cm, Hardcover,
Wienand Verlag, Köln 2018

Erhältlich in unserem Museumsshop
Museumspreis: 24,00 €

Galerie

Heinrich Zille, Ringkampf in der Schaubude, 1903, schwarze Kreide und Aquarell © Privatsammlung Berlin
Hans Baluschek, Berliner Rummelplatz, 1914, Öl auf Leinwand © Bröhan-Museum, Berlin
Otto Dix, Schützengraben, um 1918, Gouache auf Papier, Privatbesitz Berlin © VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Arthur von Kampf, Wählt kommunistisch, 1918, Öl auf Leinwand © Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Foto: Kai-Annett Becker
Käthe Kollwitz, Revolution 1918, 1928, Kohle und schwarze Kreide © Käthe Kollwitz Museum Köln
George Grosz, Schönheit, dich will ich preisen, Bl. 3 der Mappe ›Ecce homo‹, 1920, Karton, Offset, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin © Estate of George Grosz, Princeton N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2019
George Grosz, Im Café, 1922, Aquarell, Feder, Tusche auf Papier, Galerie Brockstedt, Berlin © Estate of George Grosz, Princeton N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Werner Scholz, Witwer, 1927, Öl auf Pappe © Nachlass Werner Scholz
Conrad Felixmüller, Zeitungsjunge, 1928, Öl auf Leinwand, Lindenau-Museum Altenburg © VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Bruno Voigt, Arbeitsamt I, 1929, Pastellkreide u. schwarze Tusche © Galerie Brockstedt, Berlin
Käthe Kollwitz, Mutter Krausen’s Fahrt ins Glück, 1929, Lithographie © Käthe Kollwitz Museum Köln
Werner Scholz, Am Bülowbogen, um 1930, Farblithographie © Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur. Leihgabe aus Privatbesitz, Hamburg. Foto: Kai-Annett Becker
August Sander, Berliner Kohlenträger, 1928, Vintage Print, Galerie Berinson, Berlin © Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; © VG Bild-Kunst, Bonn, 2019
Cami und Sasha Stone, Berlin, Verkehr, Spittelmarkt, ca. 1929, Vintage Print © Galerie Berinson, Berlin
Ernst Thormann, Zeitungsjunge, 1929, Kontaktabzug © Ernst-Thormann-Archiv

Führungen und Veranstaltungen

10.10.2019 - 26.1.2020


jeden So
und
Feiertag

15 Uhr


jeden Do

17 Uhr

Kosten: Nur Eintritt

ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN

Berliner Realismus -
Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix

ca. 45 Minuten / max. 25 Personen
Teilnehmertickets sind 30 Minuten vor Beginn an der Museumskasse erhältlich. Reservierungen für dieses Angebot sind leider nicht möglich.

Rau, ruppig, politisch unbequem: Die Berliner Kunst um 1900 besitzt Sprengkraft! Vom Kaiser mit dem Verdikt der ›Rinnsteinkunst‹ belegt, widmen sich Künstler der Berliner Secession erstmals dezidiert sozialen Themen und begründen eine spezifisch berlinische Tradition des sozialkritischen Realismus, die in der Weimarer Republik ihre Fortsetzung findet.
Die Führung durch die Sonderausstellung stellt Meisterwerke von Heinrich Zille, Käthe Kollwitz, Hans Baluschek, George Grosz, John Heartfield und Otto Dix in den Fokus.

Mittwoch

15.1.2020

18.30 Uhr

Kosten: 7,50 € / erm. 4,50 €

Lesung mit peter graf und thomas sarbacher

Ulrich Alexander Boschwitz: »Menschen neben dem Leben«

Tickets und Reservierung:
Tel.: 0221 / 227-2602
E-Mail: museum@kollwitz.de

Ein Buch, fast wie der Roman zur Ausstellung »Berliner Realismus«: Bald 80 Jahre nach seinem Entstehen ist jetzt der Debütroman des erst kürzlich wiederentdeckten Schriftstellers Ulrich Alexander Boschwitz (1915-1942) erstmals auf Deutsch erschienen.

Mit rauem Ton und in verspielten Bildern portraitiert der gerade einmal zweiundzwanzigjährige Autor jene kleinen Leute im Berlin der Zwanzigerjahre, die nach Krieg und Weltwirtschaftskrise rein gar nichts mehr zu lachen haben. Doch seine Kriegsheimkehrer, Bettler oder Prostituierten hören nicht auf, das Leben zu feiern: Abends zieht es sie in die Vorstadtschänke „Fröhlicher Waidmann“ – die einen zum Trinken, die anderen zu Musik und Tanz. Sie alle treibt die Sehnsucht nach ein paar sorglosen Stunden, bevor sich am nächsten Morgen der graue Alltag wieder erhebt.

Peter Graf, der Herausgeber und Entdecker des Romans, und der aus Film und Fernsehen bekannte Schauspieler Thomas Sarbacher zeichnen in ihrer Lesung ein lebendiges Bild vom „Berliner Lumpenproletariat“ der Zwischenkriegsjahre.

Mittwoch

27.11.2019

18.30 Uhr

Kosten: 7,50 € / erm. 4,50 €

Lesung mit Marita Breuer

»Das Leben hatte dort etwas Brausendes...«

Tickets und Reservierung:
Tel.: 0221 / 227-2602
E-Mail: museum@kollwitz.de

»Das Leben hatte dort etwas Brausendes«, erinnert sich Käthe Kollwitz im Rückblick auf das Berlin der Weimarer Zeit. Die Schauspielerin Marita Breuer - bekannt als »Maria« aus der Film-Triologie »Heimat« von Edgar Reitz - liest aus den Tagebüchern und Briefen von Käthe Kollwitz und Künstlerkollegen wie Otto Dix und George Grosz.

Im Kontext der Sonderausstellung zeichnen diese Selbstzeugnisse ein lebendiges Bild der turbulenten Berliner Metropole zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Rezitation: Marita Breuer

Mittwoch

20.11.2019

18.30 Uhr


Kosten: 7,50 € / erm. 4,50 €

Film im museum #2

Mutter Krausens' Fahrt ins Glück

Tickets und Reservierung:
Tel.: 0221 / 227-2602
E-Mail: museum@kollwitz.de

Stummfilm nach Erzählungen und Skizzen Heinrich Zilles
D 1929 | Produzent: Willi Münzenberg | Regie: Piel Jutzi
Drehbuch: Willy Döll, Johannes Fethke, Otto Nagel

1929, ganz am Ende der Stummfilmzeit, erlebte der soziale Realismus des Weimarer Kinos einen seiner großen Höhepunkte: »Mutter Krausen‘s Fahrt ins Glück« gilt zugleich als einer der wenigen geglückten Versuche, das Berliner Arbeitermilieu in Wedding getreu den damals populären Darstellungen von Heinrich Zille und Käthe Kollwitz wiederzugeben.
Die tragische Geschichte der Zeitungsausträgerin Mutter Krause und ihrer Familie, die mit einem Kleingangster zusammenleben muss, lobte der Filmkritiker Siegfried Kracauer seinerzeit als »frei von Sentimentalität«:
»Man hat dergleichen öfters in Filmen gesehen, aber gewöhnlich nur als gruselige Staffage für irgendein auserwähltes Schicksal, das in prunkhaften Vorderhäusen happy endigt.«


Einführung und Live-Begleitung am Piano:
Daniel Kothenschulte (Filmhistoriker)

Mittwoch

30.10.2019

18.30 Uhr


Kosten: 7,50 € / erm. 4,50 €

Film im museum #1

Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?

Tickets und Reservierung:
Tel.: 0221 / 227-2602
E-Mail: museum@kollwitz.de

D 1932 | Prometheus Film | Regie: Slatan Dudow | Drehbuch: Bertolt Brecht, Ernst Ottwalt, Slatan Dudow | Musik: Hanns Eisler

Deutlich inspiriert vom sowjetischen Kino entstand mit »Kuhle Wampe« 1932 ein Musterbeispiel für Agitprop und für die Filmkunst der Weimarer Republik. Nach dem Selbstmord ihres Bruders zieht die junge Arbeiterin Anni (Hertha Thiele) in die Zeltkolonie »Kuhle Wampe« vor den Toren Berlins. Sie trennt sich von ihrem Freund, von dem sie schwanger ist, und findet zu einem selbstbestimmten Leben.
Neben den agitativen Montage-Sequenzen des Regisseurs Slatan Dudow und Hanns Eislers mitreißend-moderner Filmmusik schrieben Bertolt Brechts Dialoge Filmgeschichte: »Wer soll denn die Welt verändern«, lässt er in der berühmten Straßenbahnszene einen besser gestellten Fahrgast fragen. »Die, denen sie nicht gefällt«, erhält er von Annis Freundin Gerda selbstbewusst zur Antwort.

Einführung: Daniel Kothenschulte (Filmhistoriker)

Weitere Informationen zum Begleitprogramm der Ausstellung - auch für Kinder! - finden Sie in der Veranstaltungsübersicht

Adresse

Käthe Kollwitz Museum Köln

Neumarkt 18-24 / Neumarkt Passage

50667 Köln

+49 (0)221 227 2899

+49 (0)221 227 2602

Öffnungszeiten

Di bis So

11 - 18 Uhr

Feiertage

11 - 18 Uhr

Erster Do im Monat

11 - 20 Uhr

Montags

geschlossen

Bitte beachten Sie

Die Ausstellungsräume des Käthe Kollwitz Museum Köln bleiben wegen umfangreicher Baumaßnahmen vorübergehend geschlossen.

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