Die Gefangenen, Blatt 7 aus dem Zyklus »Bauernkrieg«, 1908
Strichätzung, Kaltnadel, Schmirgel, Vernis mou mit Durchdruck von Stoff und Zieglerschem Umdruckpapier, Kn 102 IX a
Dieses letzte Motiv des Zyklus war nicht von Anfang an vorgesehen. Vielmehr wollte die Künstlerin die Bilderzählung mit der Trauer um die Toten enden lassen. Letztlich entscheidet sich Kollwitz aber für das Bild der überlebenden, wenn auch gefangenen Bauern als Schlussblatt. Offenbar will sie verdeutlichen, dass noch nicht alles zu Ende ist und jederzeit ein neuer Aufstand entfesselt werden könnte – das ist es wohl, wozu jenes Augenpaar auffordert, das den Betrachter, leicht links der Mittelachse aus der zweiten Reihe heraus, unter finsteren Brauen anstarrt.
Sowohl Blatt 6 als auch Blatt 7 der Radierfolge »Bauernkrieg« enthalten Bildelemente aus dem ursprünglich geplanten, symbolistischen Schlussblatt von »Ein Weberaufstand« (»Aus vielen Wunden blutest Du, oh Volk«): So sehen wir dort ebenfalls Gefangene – gefesselte weibliche Gestalten – und finden, wie auf dem »Schlachtfeld«, eine herabgebeugte Figur, die ihre Hand tastend zu einem Toten vorstreckt. Damit wird klar, dass auch in der Folge »Bauernkrieg«, verteilt auf zwei Blätter, ein Fazit aus dem Geschehen gezogen wird. Die Künstlerin will eine ähnliche Botschaft übermitteln: Sie scheint uns sagen zu wollen, dass für soziale Gerechtigkeit gesorgt werden muss, wenn ein erneuter ›Losbruch‹ von Gewalt verhindert werden soll.
Käthe Kollwitz, Die Gefangenen, 1906/07?, Kohle auf braunem, Papier, NT 425
Käthe Kollwitz, Gefangene Bauern, 1908, Kohle auf Bütten, NT 432
Käthe Kollwitz, Zeichnung nach Peter zu »Die Gefangenen«, 1908, Kohle auf weißem Ingres-Papier, NT 436