Kohle und schwarze Kreide, NT 1163
1928 erhält Käthe Kollwitz von der Leipziger SPD den Auftrag, zum 10. Jahrestag der Novemberrevolution eine Postkarte zu gestalten.
Die am 3. November 1918 durch den Matrosenaufstand in Kiel und Wilhelmshaven ausgelöste Revolution erreicht am 8. November die Reichshauptstadt Berlin. Am Morgen des folgenden Tages rufen die Arbeiter- und Soldatenräte zum Generalstreik auf. Den Massendemonstrationen im Stadtzentrum schließen sich auch in Berlin stationierte Soldaten an. Im Tagesverlauf überschlagen sich die Ereignisse: Kaiser Wilhelm II. tritt zurück, Philipp Scheidemann ruft vom Reichstag aus Deutschlands erste demokratische Republik aus.
Käthe Kollwitz ist Augenzeuge dieses historischen Moments:
Mittags nach 1 Uhr kam ich durch den Tiergarten zum Brandenburger Tor, wo gerade Flugblätter mit der Abdankung verteilt waren. [...]. Vor dem Reichstag Ansammlung. Von einem Fenster herab rief Scheidemann die Republik aus. [...] Dann nach den Linden zurück. Ein Lastauto gedrängt voll mit Matrosen und Soldaten.
Rote Fahnen.«
Käthe Kollwitz, Die Tagebücher, 9. November 1918
Mit ihrer expressiven Zeichnung »Revolution 1918« vermittelt die Künstlerin einen Eindruck von der Aufbruchsstimmung am Brandenburger Tor und von der Euphorie, die mit dem Sturz der Monarchie und der Republikgründung einhergeht.