Kollwitz Kontext. Das Werk hinter den Meisterwerken
11. März - 19. Juni 2022

Kollwitz Kontext –
Das Werk hinter den Meisterwerken

Die Ausstellung zum Erscheinen der
neuen Kollwitz-Monographie

Ab sofort ist die neue Monographie »Käthe Kollwitz. Der Werküberblick 1888–1942« erhältlich. Mit über 200 Abbildungen stellt der Band die weltbekannten Hauptwerke der Künstlerin aus ihrem über fünf Jahrzehnte umfassenden Schaffen vor – eine repräsentative Auswahl aus der Kölner Kollwitz Sammlung.

Begleitend zur Buchpräsentation öffnet Hannelore Fischer für ihre letzte Schau als langjährige Direktorin des Käthe Kollwitz Museum Köln die Archiv-Schubladen der weltweit größten Kollwitz Sammlung. Gemeinsam mit ihrem Team arrangiert sie eine Ausstellung von quasi doppeltem Umfang: Während die Klassiker der Künstlerin als hervorragende Abbildungen im ausliegenden Katalog zu sehen sind, ergänzen an der Wand eher weniger bekannte und selten oder noch nie gezeigte Schätze aus dem Bestand die 14 Buchkapitel. In vielerlei Zusammenhängen kann man anhand von Skizzen und Vorzeichnungen, Studien und Zustandsdrucken die Entstehung der Hauptwerke nachvollziehen. Auch Rückseiten von bekannten Zeichnungen tauchen zum ersten Mal auf und erzählen bisher verborgene Geschichten.

Der Kollwitz Kontext lädt dazu ein, das Werk hinter den Meisterwerken der Künstlerin zu entdecken. In ihrer über 32 Jahre langen Amtszeit ist es Hannelore Fischer nicht nur gelungen, eine in ihrer Dichte einzigartige Sammlung aufzubauen. Auch innerhalb der Kollektion konnten Schwerpunkte gebildet werden, die es ermöglichen, der Künstlerin gleichsam beim Schaffen über die Schulter zu blicken. Lassen Sie sich von der Vielseitigkeit des Kollwitz-Œuvres überraschen!

Die neue Kollwitz-Monographie

Käthe Kollwitz. Werküberblick 1888-1942

Käthe Kollwitz
Der Werküberblick 1888—1942
Hg. von Hannelore Fischer für das Käthe Kollwitz Museum Köln

Erscheint in einer deutschen und englischen Ausgabe
304 Seiten, 203 zumeist farbige Abb.
24 x 28 cm, Hardcover
Hirmer, München 2022

Museumspreis: 29,90 €
Einführungspreis während
der Ausstellung: 25 €

Erhältlich ab Frühjahr 2022 in unserem Museumsshop
oder per E-Mail an museum@kollwitz.de

Galerie

1890 kehrt Käthe Kollwitz nach Königsberg zurück, nachdem sie ihr zweijähriges Studium in München beendet hatte. Immer auf der Suche nach Motiven findet die junge Künstlerin eine günstige Gelegenheit für eine spontane Zeichnung in ihrer auf dem Sofa eingeschlafenen Schwester Lise – da muss man nicht lange zum Stillsitzen überreden! Kurzerhand zerteilt sie einen griffbereiten Bogen und zeichnet das Porträt mit spitzer Feder. Damit zerstört sie leider ein Aquarell, das wir gerne kennengelernt hätten. War es ihr misslungen? Wen hatte sie porträtiert? Hätten wir noch mehr spannende Farbkombinationen entdecken können? Auch im Werkverzeichnis wird nur die Tuschezeichnung dokumentiert, die Rückseite ›unterschlagen‹. Der Rest des Kartons ist leider verschollen.

Käthe Kollwitz, Lise, auf einem Sofa schlafend, um 1890, Feder in Tusche auf gelblichem Zeichenkarton, NT 22 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Lise, auf einem Sofa schlafend, um 1890, Feder in Tusche auf gelblichem Zeichenkarton, NT 22

Käthe Kollwitz, Sitzende Frau im Profil von links, angeschnitten, um 1890, Aquarell auf gelblichem Zeichenkarton, Rückseite von NT 22 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Auf der Rückseite Teil eines Aquarells, das eine Frau im Profil nach links zeigt

Als junge Kunststudentin in München beschäftigt Kollwitz sich, angeregt durch Max Klinger, mit der Frauenfrage. Es entstehen Zeichnungen wie das ›Martyrium der Frau‹ von 1889, mit Feder und Pinsel in Tusche, auf handgeschöpftem Bütten. Kollwitz verwahrt das Blatt, vielleicht in einer Zeichenmappe, und stellt es unseres Wissens nie aus. Lange haben wir die Rückseite des Blattes nicht beachtet: Die Künstlerin nutzt diese für Skizzen, zeichnet ihre linke Hand, porträtiert sich selbst indem sie sich in Augen-, Nasen-, Mundpartien übt, und skizziert, was sie gerade vor sich sieht: einen abgelegten Regenschirm sowie einen Tisch mit Stuhl. Eine ungewöhnliche Kombination mit ›Stillleben‹!

Käthe Kollwitz, Hand-, Gesichts- und Detailstudien, um 1900, Feder in Tusche auf Bütten, Rückseite von NT (17a) © Käthe Kollwitz Museum Köln

Erst kürzlich entdeckt: Übungen mit der Feder auf der Rückseite der frühen Tuschezeichnung NT (17a), um 1890/91

Käthe Kollwitz, Frauenschicksal (Martyrium der Frau), um 1889, Feder und Pinsel in Tusche, laviert, auf Bütten, NT (17a) © Käthe Kollwitz Museum Köln

Frauenschicksal (Martyrium der Frau), um 1889, Feder und Pinsel in Tusche, laviert, auf Bütten, NT (17a)

Aquarellierte Pflanzenstudien von Käthe Kollwitz? Nein, es sind die eines kleinen Künstlers! Während die Mutter arbeitet, sind ihre Kinder in der Nähe, in ihrem Atelier, und spielen, machen Hausaufgaben. Vermutlich vertieft ihr Sohn Hans hier sein in der Schule erlerntes Wissen zur Botanik zeichnerisch auf dem Papier – auf der Rückseite seines eigenen Porträts, das seine Mutter um 1903/04 vom etwa Zehnjährigen anfertigte. Schauen Sie sich auch die Kante an – so führen nur Kinderhände die Schere!

Käthe Kollwitz, Hans Kollwitz lesend, im Profil nach links, um 1903/04 Bleistift auf bräunlichem Zeichenpapier, NT 269 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Hans Kollwitz lesend, im Profil nach links, um 1903/04
Bleistift auf bräunlichem Zeichenpapier, NT 269

Aquarellierte Blattstudien auf bräunlichem Zeichenpapier, Rückseite von NT 269 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Pflanzenstudien – Hausaufgaben des Schülers Hans Kollwitz auf der Rückseite seines Porträts

Käthe Kollwitz formuliert ihren eindringlichen Appell Nie wieder Krieg 1924 – zehn Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges. Bereits Anfang dieses Jahres beruft sich die Hamburger Rockband Tocotronic mit dem Titel ihres neuen Albums auf das weltweit bekannte Anti-Kriegsplakat. Der gleichnamige Titelsong thematisiert dabei noch mehr als die zeitlos gültige politische Botschaft: Er erzählt von persönlichen Schicksalen, Verletzlichkeit und Einsamkeit. Gleichzeitig macht der Song Hoffnung und motiviert zum Aufbruch. Der beschwörende Appell der Künstlerin wird zu einer persönlichen Mission, deren Dringlichkeit uns in jeder Alltagssituation bewusst wird.
Auch wir identifizieren uns wieder mit dem Kollwitz-Plakat, es ist heute aktueller denn je. Seit fast hundert Jahren ruft der Jugendliche mit erhobener Schwurhand diese Botschaft. Der Junge – das sind Sie, Du und ich, mit der Hand auf dem Herzen: Wir alle wollen Nie wieder Krieg!

Käthe Kollwitz, »Nie wieder Krieg«, 1924, Kreide- und Pinsellithographie, vor der Schrift, jedoch mit lithographierter Signatur, Kn 205 II b © Käthe Kollwitz Museum Köln

»Nie wieder Krieg«, 1924, Kreide- und Pinsellithographie, vor der Schrift, jedoch mit lithographierter Signatur, Kn 205 II b

Käthe Kollwitz, Plakat »Nie wieder Krieg«, 1924, Kreide- und Pinsellithographie, Kn 205 III b © Käthe Kollwitz Museum Köln

Plakat »Nie wieder Krieg«, 1924, Kreide- und Pinsellithographie, Kn 205 III b

Was zeigen wir, und was verbergen wir? Mit der Entscheidung, welchen Passepartout-Ausschnitt wir wählen, wird der Blick des Betrachters maßgeblich beeinflusst. Auf diesen Blättern befinden sich randseits Arbeitsspuren, die Aufschluss über Kollwitz‘ Zeichentechnik geben: Strich- und Schraffurproben sowie Wischungen. In der Präsentation würden diese aber vom Bilderlebnis ablenken. Beim Selbstbildnis legten deshalb bereits die Erstbesitzer den Bildausschnitt fest. Doch dies hatte seinen Preis: Der Lichteinfall ließ das Papier unterschiedlich altern. Bei der Kohlezeichnung NT 497 hat die Künstlerin selbst die Arbeitsspuren einfach weggefaltet. 

Käthe Kollwitz, Selbstbildnis en face, um 1910, Kohle auf graublauem Ingres-Papier, NT 688 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Selbstbildnis en face, um 1910, Kohle auf graublauem Ingres-Papier, NT 688

Käthe Kollwitz, Stehender Mann und sitzendes Paar, 1909, Kohle gewischt, auf Ingres-Bütten, NT 497 © Käthe Kollwitz Museum Köln

Stehender Mann und sitzendes Paar, 1909, Kohle gewischt, auf Ingres-Bütten, NT 497

Photomontage einer geteilten Zeichnung von Käthe Kollwitz: die untere Hälfte, Rückseite der Zeichnung NT 1245 aus dem Bestand des Käthe Kollwitz Museum Köln, zeigt den Po des Aktmodells, die obere Hälfte ist verschollen.

Auf der Rückseite einer späten Zeichnung zum Thema ›Mutter und Kind‹ (NT 1245) aus den 1930er Jahren befindet sich eine schwer deutbare, halbrunde Form, die lange Zeit ein Rätsel aufgab. Während einer Recherche im Werkverzeichnis zu den Aktstudien der Künstlerin aus den frühen 1900er Jahren fällt die Abbildung einer Studie (NT 336) besonders auf: Der Bildausschnitt ist ungewöhnlich eng gefasst, wirkt angeschnitten. Eine Computersimulation legt die mögliche Lösung nahe: Das Blatt wurde getrennt, die halbrunde Form auf der Rückseite der Kölner Zeichnung zeigt den Po des Modells! Leider ist die andere Hälfte – der Oberkörper des sitzenden weiblichen Aktes – heute verschollen und nur photographisch nachweisbar.

FÜHRUNGEN UND VERANSTALTUNGEN

Sonn- u. Feiertage

15 Uhr

Donnerstag

17 Uhr

1. Do im Monat

17 u. 19 Uhr

und weitere Termine

Öffentliche Führungen

Kollwitz Kontext - Das Werk hinter den Meisterwerken.
Highlights der Ausstellung

Mittwoch

23.3.2022

18.30 Uhr

TALK IM FORUM 

37 Jahre für Käthe Kollwitz.
Gisela Steinhauer im Gespräch mit Hannelore Fischer


Ende März verabschiedet sich die dienstälteste Museumsdirektorin Kölns in den (Un-)Ruhestand. Die Rundfunkjournalistin Gisela Steinhauer spricht aus diesem Anlass mit Hannelore Fischer über ihre Erfahrungen, Erinnerungen und Zukunftspläne, über Hintergründiges und über Anekdoten aus einem reichen Berufsleben von mehr als 37 Jahren für Käthe Kollwitz.

Mittwoch

6.4.2022

18.30 Uhr

Film im Forum

Kollwitz – Ein Leben in Leidenschaft


Dokumentation | D 2017 | 52 min. | Regie: Henrike Sandner und Yury Winterberg | Drehbuch: Sonya Winterberg | Eine Produktion von LOOKS in Koproduktion mit rbb in Zusammenarbeit mit ARTE

Freitag

22.4.2022

18.30 Uhr

Musik im Forum

»Ich kann mir doch kaum denken, daß eine andere Kunst außer der Musik so ins Innre dringt«


Konzert der Sinfonetta Köln
am Todestag von Käthe Kollwitz und Gründungstag des Museums

Mittwoch

4.5.2022

18.30 Uhr

Talk im Forum

»Bleiben meine Arbeiten so in ihrer Wirkung …«
Käthe Kollwitz. Die Künstlerin und die weltweit größte Sammlung ihrer Werke


In ihrem Abschiedsvortrag spricht Hannelore Fischer über den Werdegang der Künstlerin, über ihr Werk und über die Kölner Kollwitz-Sammlung, die maßgeblich unter ihrer Verantwortung zur heute umfangreichsten und bedeutendsten Kollwitz-Sammlung weltweit wurde.

Adresse

Käthe Kollwitz Museum Köln

Neumarkt 18-24 / Neumarkt Passage

50667 Köln

+49 (0)221 227 2899

+49 (0)221 227 2602

Öffnungszeiten

Di bis So

11 - 18 Uhr

Feiertage

11 - 18 Uhr

Erster Do im Monat

11 - 20 Uhr

Montags

geschlossen

Bitte beachten Sie

Die Ausstellungsräume des Käthe Kollwitz Museum Köln bleiben wegen umfangreicher Baumaßnahmen vorübergehend geschlossen.

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